Besuch bei Regent in Weißenburg – Der Rückblick [Update]

[mygal=regent_bilder]
Im Rahmen eines Lesertreffens hatten wir kürzlich Gelegenheit, den Betrieb von Regent in Weißenburg zu besichtigen und den Näherinnen vor Ort einen Tag lang auf die Finger zu schauen. Einige Leser und Mitglieder des Forum wollten sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. An einen Überblick über die Geschichte eines der wenigen Hersteller, die noch Sakkos auf traditionelle, also unfixierte Weise produzieren, schloss sich eine Tour durch die Produktionsräume im einstigen Textilzentrum Weißenburg in Bayern, von denen aus die exklusiven Anzüge, die zu den besten der Konfektionsindustrie zählen, ihren Weg zu Herrenausstattern in der ganzen Welt antreten. Etwa einhundert Mitarbeiter produzieren hier unter Einsatz traditioneller wie moderner Techniken, aber auch mit einem nicht zu vernachlässigenden Anteil an Handarbeit Anzüge und Sportsakkos, die qualitativ ihresgleichen suchen.

„Moderne Technologie und Maschinen nutzen wir überall da, wo ihr Einsatz sinnvoll und gerechtfertigt ist, jedoch niemals auf Kosten der Trageeigenschaften oder der Produktqualität. Ein Regent-Anzug soll sich so gut tragen, wie er aussieht, und zwar nicht nur eine Saison.“ Wie sich diese Worte des Werksleiters auf die einzelnen Produktionsschritte auswirken, wird beim Rundgang durch das Gebäude deutlich: Viele Prozesse wie etwa Pressen und Bügeln von Oberstoff und Einlagematerialien werden unter Zuhilfenahme entsprechender Maschinen durchgeführt, um die Produktionszeiten und damit die Kosten eines Anzuges im Rahmen zu halten. Entscheidende Arbeitsgänge werden jedoch nach wie vor in Handarbeit ausgeführt. So werden nicht nur Knopflöcher und Kantennähte grundsätzlich handgestochen, auch das Ärmelfutter und der Kragen werden ausschließlich ohne Maschineneinsatz vernäht. Alles in allem nimmt ein Sakko vom Zuschnitt bis zum letzten Aufbügeln etwa 14 Stunden Zeit in Anspruch — im Vergleich zu industrieller Massenfertigung eine halbe Ewigkeit.

Mit Ausnahme von Hosen und Sportswear produziert Regent seit einigen Jahren wieder ausschließlich im fränkischen Weißenburg — ein Faktor, auf den man zu Recht stolz ist. Kurze Wege zwischen den einzelnen Fertigungsschritten ermöglichen so nicht nur die Bündelung von Expertise an einem Ort, sondern auch den wechselweisen Einsatz der Fachkräfte in den einzelnen Produktionsschritten und nicht zuletzt eine effektive Qualitätskontrolle und -sicherung. Das ebenfalls direkt im Gebäude befindliche Stofflager ist bis unter die Decke mit Ballen aller namhaften Webereien von Breanish über Loro Piana bis hin zu Vitale Barberis gefüllt und stellt den Kunden, der sich für einen Anzug oder ein Sakko aus dem Maßkonfektionsangebot entscheidet, vor die Qual der Wahl. Ein Highlight des Sortiments stellen Sakkos aus luftigem Jersey dar, die Regent mithilfe speziell ausgewählter Einlagematerialien aber gänzlich ohne Klebefixierung so verarbeitet, dass sie kaum mehr als eine leichte Strickjacke wiegen und sich dem Träger in jeder Bewegung ideal anpassen. Um dieses Tragegefühl nicht nur im Sommer genießen zu können, stellt man dem Baumwollmaterial wintertaugliche Varianten, beispielsweise aus reinem Kaschmir, zur Seite.

Nach unserem Rundgang durch das Werksgebäude bot sich beim gemeinsamen Mittagessen noch die Gelegenheit, bei fränkischen Bratwürsten über die Feinheiten des Schneiderhandwerks wie Schulterkonstruktion, Taschenfutter und Schnittdesign zu philosophieren und Herr Kury, der so freundlich war, uns durch den Betrieb zu führen, stand den Fragen unserer Leser Rede und Antwort. Im Rahmen der Redaktion darf ich mich bei allen Teilnehmern und der Firma Regent, besonders Herrn Kury und Herrn Schallmey, herzlich bedanken und hoffen, dass sich ein solches Treffen in absehbarer Zukunft wiederholen wird! Bei den Teilnehmern des vorangehenden – wenn auch eher klein ausfallenden – Stilmagazin-Treffens möchten wir uns ebenfalls für einen schönen Sonntagnachmittag und -abend bedanken!

[Update] Herbert Stricker hat einen weiteren Bericht zur Werksbesichtigung veröffentlicht.

Kategorie: Magazin

Florian S. Küblbeck

Florian S. Küblbeck ist freier Journalist und schreibt vor allem über Mode, Stil und Genuss. Mit seinem Erstwerk "Was Mann trägt: Gut angezogen in zwölf Schritten" gab er 2013 sein Debüt als Buchautor.

Kommentar schreiben