Liebe Mitglieder

Chris

New Member
vielen Dank für Ihre kurzweilige Art, sich hier über Mode und Stil auszutauschen sowie dafür, dass Sie ein Mitlesen ohne Registrierung gestatten.

Ich bin 44 Jahre alt, komme aus Bonn, bin hoffentlich bald wieder dort, verheiratet, wir haben einen kleinen Sohn, meine Frau und ich sind selbständig in der Steuerberatung tätig. Unsere Freizeit opfern wir derzeit ganz der Einrichtung und Gestaltungsplanung unseres neuen Heims.

Der Wege, wie ich hierher fand, sind mehrere. Mein Vater legte Wert auf Bildung sowie Umgang und hatte auch sehr feste Vorstellungen davon, wie ein Herr gekleidet zu sein hat.

Diese Anregungen hatte ich mir einige Jahre lang zu eigen gemacht, habe sie dann aber leider aus den Augen verloren, als ich beschloss, meinem Leben noch einmal eine Wende zu geben und etwas Neues zu lernen und zu schaffen.

Das Lernen erforderte mit Ende 30 neben Beruf und Familie so viel Zeit, dass für das eigene Auftreten zu wenig blieb. Ich verlor in dieser Zeit durch meine nachlässige Erscheinung durchaus einige mir wertvolle Kontakte - manchmal geht man eben nur einmal im falschen Dress zur Einladung, manchmal auch zweimal, aber sicherlich nicht dreimal. Mein Bekanntenkreis hat sich so auf ein sehr übersichtliches Maß reduziert.

In dieser Zeit tendierte ich mehr und mehr dazu, meine Kleidung bei den üblichen Verdächtigen im Rheinland (Daniels, Robert Ley) zu erwerben und mich dabei an die noch verdächtigeren Marken (Joop, Boss, La Martina, Replay) zu halten. Und mehr und mehr wurde ich mit meinem Stil unzufrieden und noch viel mehr mit den erworbenen Qualitäten. Weder nahm ich mir für die Besuche bei meinen Herrenfriseur die ausreichende Zeit, es fand sich auch keiner mehr zB für eine Rasur, noch für Maniküre, geschweige denn genügend für Sport (vormals Rudern und Tennis).

Vor einiger Zeit beschloss ich, dass es mittels Fasten und Besinnung an der Zeit ist, mich zu besinnen und besseren Werten zuzuwenden. Einige Zeit später gehörte dazu auch wieder das Kleiden nicht nur im Büro jenseits von Polo und Jeans.

Wie und wann ich den Weg hierher fand, weiß ich nicht mehr: In der Zeit und auch irgendwann in der FAZ las ich einen Artikel über Stil, geriet ins Grübeln, beim Aufräumen fand ich meinen 1999er Roetzel, bestellte den 2009er, wie ich das Stilmagazin fand, weis ich nicht mehr, ich hatte mir den Link gespeichert. Ich ärgerte mich schwarz über einen sehr teuren Sweater, der nach zweimaliger (fachgerechter) Wäsche, ausblich und -leierte, und La Martina meinte, ich solle zurück in den Laden. Robert Ley meinte, das solle ich bei La Martina reklamieren. Daniels packte mir drei Polos, drei Hemden und einen Anzug ein, zu Hause stellte ich fest, dass ich wieder zurück fahren muss: Anzug falsch gekürzt, von Polos und Hemden falsche Armlängen und Größen eingepackt. An den Nieten einer neuen Jeans, die brachen, schlitzte ich mir einen Finger auf. An einem Dutzend Stücken (vier Buchstaben+Satzzeichen, Hamburg) aus dem Wäscheschrank lösten sich die Nähte auf. Ein Paar Strellson Swiss Cross, bei Daniels gekauft, für den Sommer, war völlig falsch gefertigt und entwickelte sich zur HighEnd-Sauna. Eine Dolce & Gabana Jacke, nicht D&G, war statt Hightechfaser aus ollem Plaste gefertigt. Für eine Sonnenbrille von Prada sah man sich im Folgejahr leider nicht mehr in der Lage, das originale Ersatzglas zu liefern. Statt Wiedergutmachung und Entschuldigung in allen Fällen gab es Marketingsprüche vom Hersteller, Distributor und Verkäufer, ganz wie für dumme Jungs auf der Kirmes, die das erste Mal auf den Losverkäufer reinfallen, ich hatte jeden ausgesucht höflich angeschrieben. Aber der berüchtigte Tropfen im Faß war ein Paar Schuhe von Joop, die nach 10 Monten, kaum getragen, aus dem Leim gingen und Joop meinte, für Joop Schuhe wäre Joop nicht zuständig, ich möchte mit Kassenzettel zurück in den Laden gehen. Es ist nicht so, dass ich mich meiner Haut nicht juristisch zu wehren wüsste, allein, das kann es nicht sein, wo bleibt da das Einkaufsvergnügen etwas von Dauer zu erwerben? Schließlich fällt auch meine Arbeit nicht beim ersten Gegenwind zusammen. Ich konsumiere wirklich gerne, aber ich möchte nicht nur einen Gegenwert, ich erwarte einen, gelegentlich mit einem Augenzwinkern, in der Regel aber unabdinglich. Ich erwarte ein Agreement auf Händedruck hin, nicht hundertseitige AGB mit Sternchen und drei dutzend Fußnoten.

Ich kehrte zu einem Ausstatter in Bad Godesberg zurück, der zwar keine Maßanfertigung und auch keine Maßkonfektion anbietet aber immerhin fachmännische Beratung durch gelernte Schneider mit sehr guten Änderungschneidern und langjährig präsentes Personal (Trendman/Leyendecker) aufweisen kann. Das ist für ein rheinländisches Provinznest wie Bonn gar nicht schlecht.

Ich legte mir die beiden Bücher (Roetzel) auf den Schreibtisch und suchte im Web gezielt nach Bekleidung mit bleibenden Werten und Tradition. Und fand das Stilmagazin und war sehr angetan vom Witz und Charme, und vom Umgang miteinander, auch und wenn der Rat schon mal zu merkantil geprägt, die Entgegnung darauf scharf, das Widerwort völlig entgleist aber die folgende Mahnung dann sehr höflich blieb, das alles finde ich sehr angenehm in der Form zu lesen. Ich stieß auf Frankonia, Erinnerungen aus Kindertagen werden wach, Lodenanzüge für die Buben, Dirndel für die Mädels, dort drüben, wenn es beliebt, der Älteste (ich) mit Papa zu den Gewehren, das es die überhaupt noch gibt, hätte ich nicht anzunehmen gewagt.

Ich lese hier die Fragen, was es wo Gutes gibt, wer jenes kennt oder dieses empfehlen kann - oder auch nicht. Ich lese, wenn eine Bestellung auch noch Monaten ungebührlich nicht erfüllt ist und wenn eine Qualiät nur vordergründig dargestellt ist, wenn eine Marke nur dem Namen, nicht dem Anspruch, gerecht werden will.
Ich suche und werde finden, wo es Waren gibt, die den Herrn auf Dauer kleiden, die nicht morgen einem angenommenen Modediktat unterliegend in die Sammlung gehen oder übermorgen wegen Mängeln noch ärgere Wege.

Ich freue mich auf regen Austausch mit Ihnen, wobei ich zunächst doch eher Zuhörer sein werde.

Freundliche Grüße, Chris
 
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Ich hab's tatsächlich alles gelesen; auch von meiner Seite ein herzliches Willkommen. Zumal wir aus der selben Stadt stammen.
 
Lieber Chris,

danke für die ausführliche Vorstellung und herzlich willkommen im Forum!

Freue mich schon auf den regen Austausch und wünsche eine angenehme Zeit.

Viele Grüße

Andreas
 
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