Zu Besuch bei Maßhemden Hirtl in München

München gilt gemeinhin als Dorado für Konfektionsmode: Kiton, Caruso, Canali — kaum ein namhafter Hersteller lässt es sich nehmen, in dieser Stadt präsent zu sein. Doch auch fernab der touristischen und kommerziellen Pfade lohnt ein Einkaufsbummel, vor allem für Freunde der Maßkleidung. Einer der bekanntesten und meistgerühmten Hemdenschneider Münchens ist das Atelier Hirtl.

Das Unternehmen wurde 1949 von Emil Bogensberger gegründet. 1973 wird das Atelier Bogensberger & Lössl aus Altersgründen an Ludwig Hirtl übergeben, der bis vor kurzem noch selbst im Geschäft tätig war. Seit 1997 wird der Mitarbeiterstab zudem von Hirtls Nichte Armela Hirtl-Enghofer, die ihr Fach im Betrieb des Onkels erlernte, verstärkt und treusorgend geleitet. Seit kurzem befindet sich das Atelier nicht mehr in der Leopoldstraße, sondern einige Ecken weiter in der Hohenzollernstraße — dem Standort Schwabing ist man bewußt treu gebieben.

Hirtl ist einer der ganz wenigen echten Hemdenschneider im Raum München: Das Maßnehmen erfolgt extrem diskret und unter Berücksichtigung aller erdenklichen Gewohnheiten, Vorlieben und körperlichen Dispositionen. In so vielen Anproben wie nötig wird das Kleidungsstück dem Träger perfekt angepasst. Zur Auswahl stehen Stoffe des renommierten Schweizer Webers Alumo, sowie von Acorn und diversen lokalen Webern. Eine Besonderheit stellt dabei die von Ludwig Hirtl begonnene und von Armela Hirtl-Enghofer stetig vergrößerte Sammlung alter Bauernleinen und Stoffraritäten dar. Der interessierte Kunde bleibt hinsichtlich seiner Auswahlmöglichkeiten also nicht auf die „üblichen Verdächtigen“ beschränkt.

Alles andere als gewöhnlich ist auch die erweiterte Produktpalette, die so wohl bei kaum einem anderen Hemdenschneider zu finden ist: In bester hemdenmacherischer Verarbeitung —und die ist hier noch unverfälscht und frei von industrieller Rationalisierung zu erleben— werden auch Trachtenjacken, Jagdmäntel und sogar Hüte nach Maß gefertigt. Auch hierfür steht eine breite Auswahl an gewichtigen alten Leinenstoffen zur Wahl. Die in ihrer Verarbeitung bis heute nahezu einzigartigen Hirtl-Modelle wurden 1976 vom frisch ins Geschäft eingestiegenen Ludwig Hirtl kreiert und sind bis heute unverzichtbarer Bestandteil des Geschäfts und Magnet für zahlreiche Stammkunden, die teils sogar selbst Stoffe zur Anfertigung einliefern.

Produziert wird ausschließlich am eigenen Standort und von Mitarbeitern, die allesamt schon lange Jahre bei Hirtl tätig sind — in Handarbeit. Große Maschinenparks oder sonstige Indizien für Massenfertigung sucht man hier vergebens. An besonders geschäftigen Tagen kann man, ein wenig Glück bei der Terminwahl vorausgesetzt, neben seiner Bestellung einer Mitarbeiterin beim einsetzen der Manschette in den Hemdsärmel eines Kunden zusehen.

Blickt man nach dem Besuch im Atelier von Hirtl – Maßhemden und Blusen aus Schwabing erneut in die üppig dekorierten Schaufenster der einschlägigen Konfektionäre, will sich die Faszination für deren Produkte nicht mehr so einstellen wie zuvor — wen wundert’s!

In den nächsten Wochen wird an dieser Stelle ein Maßhemd von Hirtl vorgestellt, bleiben Sie also neugierig!

Hirtl GmbH – Maßhemden & Blusen
Hohenzollernstraße
Ecke Hiltenspergerstraße 36
80796 München

Kategorie: Magazin

Florian S. Küblbeck

Florian S. Küblbeck ist freier Journalist und schreibt vor allem über Mode, Stil und Genuss. Mit seinem Erstwerk "Was Mann trägt: Gut angezogen in zwölf Schritten" gab er 2013 sein Debüt als Buchautor.

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