Ein Forum gleicht häufig einem Gerichtssaal. Der unbeteiligte Leser fungiert als Jury und darf sich aus den vorliegenden Meinungen sein Urteil bieten.
Insofern möchte ich gerne meine Recht nutzen, ein paar Dinge näher zu erläutern, die vielleicht zwischen den Fackeln und Heugabeln nicht so gut zu sehen sind.
Kurz noch vorab: Nein, die Qualität von Dinkelacker wurde unter der Führung von Shoepassion nicht schlechter (versprochen, am Produkt wurde nicht gespart). Nein, wir wollten uns nicht nur den Namen schnappen und auf den Rest pfeifen (wäre es so, es hätte einfachere Wege gegeben, als jenen für den wir uns entschiednen haben). Die Schuhe für 395 € ...hierbei handelt es sich um Schuhe, die das Sortiment verlassen werden und die es so zu diesem Preis exakt nur jetzt gibt (und sie werden auch ganz gut gekauft, es heißt hier schnell sein & ganz nebenbei: unsere Stores sind seit Mitte Dezember geschlossen und der Sale hilft uns mit diese Zeit zu überbrücken).
Zunächst empfehle ich die ganze Pressemitteilung
Niemand muss sich hier getäuscht fühlen und niemand braucht Angst zu haben ob der zukünftigen Qualität der Schuhe. Ja, vor ca. zwei Jahren begannen erste Gespräche mit Spanien – zu diesem Zeitpunkt war die Entscheidung der Verlagerung noch lange nicht gefallen. Ob der Probleme in Budapest (u.a. wegbrechende Infrastruktur, fehlender Nachwuchs im Schuhmacherhandwerk) galt es Möglichkeiten auszuloten. Erst einmal wollten wir sehen, ob die Spanier zur Fertigung der Schuhe von Dinkelacker fähig wären. Anfangs waren sie das nicht in dem Maße wie wir es uns gewünscht hätten. Wa sie aber waren: extrem lernfähig. Erst durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit ihnen, dem ständigen Austausch des Dinkelacker Produktionsleiters vor Ort wurde langsam ein Schuh draus und Spanien zu einer echten Alternative.
Ja, es gab für den Standort Budapest auch mal andere Pläne, aber die politisch-gesellschaftliche Lage vor Ort hat uns doch eines Besseren belehrt. Budapest ist ganz einfach nicht mehr die Schuhstadt, die sie einst war. Doch hat man die romantischen Vorstellungen des Schuh-Mekkas Budapest in seinem Kopf und auf der anderen Seite ist da halt Spanien (hier im Klischee eher verbunden mit Sommer, Siesta, Sangria)
Doch wehre ich mich hier entschieden gegen dieses Bild. Ich hab im Laufe der Jahre viele Produktionsstätten besuchen dürfen. Nirgends sah es besser aus als auf der iberischen Halbinsel. Grade Almansa, die Schuhhauptstadt zwischen Alicante und Valencia gelegen, ist Heimat so vieler großartiger Handwerksfamilien. Die Tradition reicht hier zurück bis ins 16. Jahrhundert. Schuhe sind Familienmitglieder geworden und in vielen Haushalten wird über Generationen hinweg die Schuhmachertradition hochgehalten.
Unseren Produzenten vor Ort - der ausnahmslos rahmengenähte Schuhe fertigt - lernten wir im Herbst 2008 kennen. Über die Jahre ist zwischen uns und dieser Familien geführte Firma eine unglaubliche Partnerschaft gewachsen. Wir haben viel von ihnen gelernt und sie viel von uns. Vor etwa zwei Jahren begannen wir die eingangs erwähnte Idee zu entwickeln, die Dinkelacker-Schuhe nach Spanien zu verlegen. Man staunte vor Ort erstmal ungläubig und war sich nicht sicher, ob man diese Art von Schuh genau so herstellen könnte. Unser Produktionsleiter aus Budapest verbrachte viel Zeit in Spanien und lehrten die dortigen Schuhmacher die besondere Fertigung und den Umgang mit unseren Materialien. Es dauerte einige Versuche, aber die Spanier, da sie großartige Handwerker sind, lernten schnell und schon bald hielten wir Schuhe in unseren Händen, die wir bisher genau nur so aus Budapest kannten. Wäre es nicht so, hätten wir diesen Schritt nicht unternommen. Leisten für Leisten gaben wir ihnen zur Probe und ließen die besondere Budapester Machart in Almansa entstehen. Aktuell ziehen wir das gesamte Lager (inkl. Werkzeugen) nach Spanien um und so werden aus unseren Materialien und unseren Leisten vor Ort die Dinkelacker-Schuhe der Zukunft entstehen.
Dinkelacker bleibt Dinkelacker, nur werden die Schuhe zukünftig nicht mehr aus Budapest kommen.
Hätte es das Stilmagazin vor 60 Jahren bereits gegeben, ich wette, Dinkelacker hätte ähnliche Kommentare über den damaligen Produktionswechsel von Sindelfingen nach Budapest lesen können.