Schuhcreme pigmentiert vs. farblos

unentschieden

New Member
Hallo,

ich wollte eigentlich erst in den Schuhputzsammelthread posten, aber irgendwie erschließt sich mir der Sinn nicht, da man in so einem riesigen Thread kaum etwas findet. Deshalb hoffe ich mal, es ist auch hier genehm :)

Hier im Forum wird oft davon abgeraten, farblose Schuh(hartwachs)cremes zu benutzen, mit Hinweis auf die Lösungsmittel.

Mir erschließt sich diese Begründung nicht.

Auf der Wikipediaseite und auf dieser Werbeseite wird gerade bei den Lösungsmitteln einer der wichtigsten Nutzen der Schuhcremes gesehen, indem alte Wachsreste und Schmutz gelöst werden.
Außerdem fällt auf, dass sich die Inhaltsstoffe der farbigen Cremes von denen der neutralen nicht unterscheiden - bis auf die zugesetzten farbigen Pigmente natürlich. Ich verstehe auch nicht, weshalb in einer pigmentlosen Creme mehr oder andere Lösungsmittel sein sollte.

Ich hoffe, jemand kann mich diesbezgl. etwas erleuchten. :rolleyes:
 
Mittlerweile habe ich einen Testbericht von Ökotest gelesen. Darin wurde geschrieben, dass sich die Testergebnisse nicht einfach auf andere Farben verallgemeinern lassen, da die Inhaltstoffe nicht ausreichend auf den Packungen angegeben werden.
Ich frage mich ehrlich gesagt, ob diese "Lösungsmittel"-Referenz tatsächlich auf Fakten beruht, wenn nicht einmal Experten die unterschiedlichen Inhaltsstoffe der versch. Farben wissen.
Wenn man hier als unbedarfter mitliest, bekommt man ehrlich gesagt ein bisschen das Gefühl, der Großteil des Wissens entstammt selektiver Wahrnehmung oder gar religiösen Gefühlen ;)
 
Im besagten Test wurden besonders sogenannte PAKs als gesundheitsschädlich eingestuft.

Wikidia sagt hierzu:
"Anthracen ist ein Zwischenprodukt bei der Farben- und Plastikherstellung. Einige Perylenderivate werden als hochwertige Pigmente verwendet.

PAKs sind ein natürlicher Bestandteil von Weichmacherölen auf Mineralölbasis. Diese finden z.B. in Kautschukprodukten Anwendung. Tendenziell weisen schwarze (z.B. Autoreifen, Gummigriffe an Werkzeugen) Kautschukerzeugnisse einen höheren PAK-Gehalt als helle Gummiartikel auf. "

Sollte sich der Nachteil der Lösungsmittel also auf gesundheitliche Konsequenzen beziehen, so ist offenbar der Nachteil auf Seiten pigmentierter Cremes und nicht umgekehrt. Es macht immer weniger Sinn!
 
Das geeignetste Verdünnungsmittel für sogenannte wasserfreie Schuhpflegemittel ist Terpentinöl. Die sauerstoffübertragende Eigenschaft der Terpentinöle ist für ihre Verwendung zu Schuhpflegemitteln von interessanter Bedeutung: die im Oberleder enthaltenen Fettstoffe können durch Behandlung mit terpentinölhaltigen Produkten in spezielle Fettsäuren überführt werden.
Sie ergänzen und erhöhen so die konservierende Wirkung der verwendeten Lederpflegemittel. Terpentinöl dient lediglich zur Verdünnung der Wachsmasse zur Erzielung eines
gleichmäßigen, dünnfilimigen Auftrags auf der Lederoberfläche.
Mit der eigentlichen Glanzwirkung hat Terpentinöl nichts zu tun und könnte (z.B. aus Kostengründen) leicht durch Ersatzstoffe wie Lack- oder Testbenzin ausgetauscht werden.

Die verfahrens- und produktionstechnische Erfahrung hat gezeigt, dass Wachskompositionen mit einem hohen Anteil an Balsamterpentinöl die besten Erfolge, hinsichtlich der
Produktqualität und der Verarbeitungseigenschaften, erzielen. Noch einmal: das Vorhandensein von Terpentinöl hat im Ergebnis mit der Notwendigkeit der Verdünnung der Wachskomponenten zu tun. Nicht aber mit der diesem Lösungsmitteln immanenten Eigenschaft, verfestigte wachshaltige Pflegemittel, welche durch genügende Ablüftzeit die Lösungsmittelanteile verloren haben, anzulösen und erneut streichfähig, bzw. abreibbar zu machen. Letzteres führte wohl auch dazu die vorstehende, eher als Nebeneffekt zu bezeichnende Eigenschaft terpentinölhaltiger Lederpflegemittel als Wachsentfernungsverfahren misszuverstehen und solche Produkte damit als ausgewiesene Reinigungsmittel missbräuchlich einzusetzen..

Bekannt und dokumentiert ist, dass für hellfarbige (auch farblose) Schuhcremes- und Wachse wesentlich mehr Paraffin, meist in Verbindung mit Ozokeritwachsen und weniger Glanzwachsen
(gebleichtes Carnaubawachs, Candelilla-, Montan- oder Bienenwachs) verwendet werden. Das führt bei der Herstellung ebenfalls zu einem notwendigerweise erhöhten Einsatz an Lösungsmitteln.

Es wäre nicht richtig anzunehmen bzw. zu behaupten, dass farbige Schuhpflegemittel sich von farblosen lediglich um den Zusatz von Pigmenten unterscheiden; die Rezeptur und das
Herstellverfahren ansonsten identisch seien. Hersteller verarbeiten in der Regel eigene Rezepturen, deren Zusammensetzung (aus verständlichen Gründen - auch wenn die Forderung nach Ausserkraftsetzung des Rechts auf geistiges Eigentum zurzeit besonders en vogue ist) nicht oder nur unter illegalen Umständen offiziell zu lesen sind, wobei sich die Komponenten der unterschiedlichen Farbnuancen eines Produkts durchaus qualitativ sowie quantitativ unterscheiden.

Standardrezepturen
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, von denen aus individuell weiter Entwicklungsarbeit geleistet werden könnte, finden sich dagegen ausreichend in den einschlägigen Quellen von z.B. Rohstofflieferanten und bieten die Möglichkeit selbst marktverändernd, ggf. marktbestimmend tätig zu werden. (Vllt. ist es eher geschicktem, geduldigem oder finanzstarkem Marketing zu verdanken, welches ein solides aber durchschnittliches Produkt in der Konsumentenüberzeugung als Premiumprodukt zu verankern imstande ist..?)

Kurz:
- Lösemittelhaltige, auf der Basis verschiedener Wachse hergestellte Schuhpflegemittel dienen auch weiterhin in erster Linie dazu, die gelösten Wachse gleichmäßig auf einer Oberfläche zu verteilen und bestimmte Effekte zu erzeugen.
- Mit farblosen - aber auch mit pigmentierten, lösemittelhaltigen - Cremes und Wachsen lassen sich alte Wachsschichten durchaus anlösen und mithilfe eines sauberen Tuches auch abtragen.
- Als Standardmethode ist dieses Verfahren nicht ursprünglich gedacht, auch wenn es bei nur sporadischem Pflegemittelgebrauch als bequemer Nebeneffekt geeignet erscheint.
- Die Verwendung eines (lösemittelhaltigen/lösemittelfreien) Reinigers zur gründlichen Entfernung von Wachsresten, Pflegemittelschichten und Glanzhilfsmitteln bietet in jedem Fall die beste Möglichkeit, anschließend ausschließlich die gewünschten Cremes oder Wachse in der gewünschten Farbe "nebenwirkungsfrei" aufzutragen und zum gewünschten Effekt weiter zu verarbeiten.
.
 
Hey nostromo,

vielen Dank für deine Ausführ(lich)ungen! Woher weißt du denn das alles?

Ich habe übrigens mal bei KIWI und einem Online-Spezial-Shop angefragt, hier die Antworten:

KIWI:
vielen Dank für Ihre Anfrage zu unserem Artikel KIWI Shoe Polish. Dieser Artikel ist in mehreren Farben, z.B. schwarz, farblos und braun erhältlich. Der grundsätzliche Unterschied zwischen der farblosen und der schwarzen Variante ist die Zugabe von Farbstoffen / Pigmenten beim farbigen Produkt. Die pflegenden Eigenschaften der beiden Varianten sind deshalb im Prinzip die gleichen, allerdings vertieft die schwarze Variante die Farbe von schwarzen Schuhen und kann oberflächliche Kratzer oder Abriebstellen überdecken. Dadurch sieht ein Schuh, der mit dem Shoe Polish in der richtigen Farbe gepflegt worden ist, immer noch einen kleinen Tick besser aus, als ein Schuh der mit dem farblosen Variante gepflegt wurde.

Online-Shop:
Hartwachs-Schuhcreme enthält immer ein Lösungsmittel um das enthalten Wachs in eine pastenartige Masse zu verwandeln. Wachs alleine ist in einer fester Form und damit nicht auftragbar.
Das Lösungsmittel verdunstet dann nach dem Auftragen auf die Schuhe. Bei einer, nicht richtig verschlossen Dose, passiert dies genauso und man hat dann nur noch einen festen Klumpen "Schuhcreme".
Die fablose Burgol Palmenwachsschuhcreme enthält keine Farbpigmente, der Anteil an Lösungsmittel ist aber höher als in der farbigen Schuhcreme. Die restlichen Inhaltsstoffe sind gleich, nur die Anteile
sind eben unterschiedlich.
Die farblose Palmenwachsschuhcreme empfiehlt sich immer dann, wenn kein passender oder ähnlicher Farbton zur Verfügung steht. Farblose Hartwachs-Schuhcreme eignet sich auch recht gut zum säubern, lösen alter
Schuhcremereste, von Glattleder-Schuhen.

Schlimme und gute Lösungsmittel gibt es in der Form eigentlich nicht. Günstige Schuhcreme hat oft billiges Industriebenzin als Lösungsmittel, höherwertige Schuhcreme verwendet oft Balsamterpentinöl. Die Auswirkung
der Lösungsmittel mag sich vielleicht sich nach vielen, vielen Jahren auf dem Leder bemerkbar machen. Negative oder postive Erfahrungen über die Auswirkung des verwendeten Lösungsmittel haben wir noch nicht gehört.

Also zwar etwas widersprüchliche Antworten, aber im Endeffekt kann man wohl festhalten, dass ein neutrales Wachs auf keinen Fall "schädlich" ist, wenn ich das nun richtig kombiniert habe.
 
Ich finde nicht, dass sich diese beiden Aussagen widersprechen. Der Anteil an Lösemitteln steigt bei farbloser Hartwachspaste notwendigerweise um ein geringes Maß durch den Wegfall des Pigmentanteils, wobei das Verhältnis der anderen Bestandteile zueinander gleich bleibt. Bedenkt man, dass der Pigmentanteil in der Regel 10% der Gesamtmasse kaum übersteigen dürfte und der Lösemittelanteil so maximal um die 60% der Gesamtmasse liegt, kann man sich selber leicht errechnen, dass die Steigerung des Lösemittels allenfalls ein paar wenige Prozentpunkte ausmachen kann, die sich nicht einmal bei der Konsistenz bemerkbar machen dürften.

Sicher mag es auch Hersteller geben, die eine speziell und anders abgestimmte Farblos-Rezeptur haben. Die Regel dürfte das aber nicht sein.

Nach meinem Dafürhalten führt der minimale Anstieg an Lösemitteln:
  1. nicht zu einer sonderlich gesteigerten Fähigkeit, darunter liegende ältere Wachschichten zu lösen
  2. zu keiner höheren gesundheitlichen Beeinträchtigung, als sie zuvor schon bei pigmentierten Hartwachspasten gegeben ist.
 
Nachtrag zu den PAK's

Dort, wo Lösemittel zum Einsatz kommen, die nach Benzin stinken (erkennt man ja am Geruch) spielen die PAK's eine Rolle. Die krebserregende Wirkung ist allerdings noch umstritten. Wo derartige Lösemittel nicht verwendet werden, gibt es kein problem mit PAK's. Dort spielen sie nur noch bei der schwarzen Schuhcreme eine Rolle, weil das entsprechende Pigment durch Verbrennung entsteht. In der Regel handelt es sich um (Industrie-) Ruß. Aber das sagt keiner der Hersteller gerne!
 
Ich wollte zu farblosem Wachs kein neues Thema aufmachen, daher klinke ich mich hier ein.

Vor Jahren hatte ich mal von Kiwi farbloses, was enorm nach Terpentin gestunken hat. Das ganze Zimmer roch danach und auch die Stiefel, selbst bei sehr sparsamer Dosierung. Die Dose habe ich dann entsorgt. Nun nutze ich ab und an SMDO in farblos und habe es neulich wieder genutzt (ungefähr ein halbes Jahr alt), was auch ziemlich geruchsintensiv war. Als wäre es mittlerweile "gekippt". Ist das bei farblosem Wachs üblich, etwas, was passiert oder habe ich zweimal eine "Sonntagsdose" erwischt?
 
Terpentin/Lösemittel in Lederpflegemitteln

Lederpflegemittel auf Lösemittelbasis besitzen in der Regel keine schimmelnden, fermentierenden Substanzen.
Ein "Kippen" ist daher eher unwahrscheinlich.

Das in hochwertigen Pflegemitteln zum Einsatz gebrachte Balsamterpentinöl riecht natürlich intensiv, aber für manche Nase angenehmer als Testbenzin, White Spirit oder Petroleum oder andere preiswertere Lösungsmittel.

Aufgrund des hohen Lösemittelanteils in Pflegemitteln kann es bei Temperaturschwankungen schnell dazu kommen, dass aus dem Produkt Lösemittel freigesetzt werden, welche sich gasförmig in der geschlossenen Dose zunächst konzentrieren (und nicht wieder in der Masse lösen) und beim Öffnen als mehr oder minder starkes Geruchsereigniss bemerkbar machen.

Über Duft und dessen Ästhetik läßt sich, wie über Geschmack (auch Stil), nicht streiten. Deshalb..
Wer Lederpflegemittel auf Lösemittelbasis auf Dauer olfaktorisch ablehnt, sollte sich nach Pflegecremes auf Wasserbasis Ausschau halten. Das Problem ist damit wirksam behoben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Inwiefern eingesetzte Rohstoffe "kippen" können, ist eine Frage ihrer Herkunft, aber auch des verwendeten Lösemittels. Hochwertige natürliche Stoffe können durchaus Schimmeln. Verschiedene natürliche Öle, wie Rizinusöl, sind relativ instabil und können durch chemische Zersetzung ihren Geruch verändern. Auch die Verbindung verschiedener Erdpigmente mit den anderen Zutaten kann zu unterschiedlichen Gerüchen führen, so dass man verschiedene Farben fast schon zu "erriechen" vermag.

Aber zwischen "Kippen" und Terpentingeruch muss man klar abgrenzen.
 
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