Anzug Hochzeit

Aber solange sich jeder nach unten orientiert, wie es leider seit langem Usus ist, dann darf sich niemand beschweren dass es Menschen gibt die unappetitlich wie sonstwas herumlaufen.
Auch wenn ich Dir im großen und ganzen zustimme (wie wohl die meisten, die sich in einem Forum für klassische Herrenbekleidung herumtreiben), möchte ich dennoch festhalten, dass früher nichts besser war. Die Leute, die heute in einer Art zwanghaft infantilem Nachlauf der dankenswerten 68er Rebellion die klassische Herrenbekleidung boykottieren, haben früher die unförmigen Polyester-Anzüge getragen, z.B. auch in der Topfarbe flieder. :D Und das haben sie nicht, weil sie sich "nach oben" orientiert haben, sondern weil - vor allem im Arbeitsumfeld - ein Dresscode anhand von einfachen oberflächlichen Kriterien durchgesetzt wurde. Dadurch sahen die Leute nicht besser aus, sie trugen nur eine andere Uniform ohne den geringsten Anflug eines Qualitätsempfindens.

Formen sind nicht demokratisch, die Mehrheit hat eben nicht immer Recht, heutzutage wohl eher im seltensten Fall.
Ich halte das für eine Frage des Rahmens. Eine Hochzeit im Schlossgarten mit Höhenfeuerwerk muss man anders betrachten als eine in der bestuhlten Dorfturnhalle mit Gyros-Catering. Erst mal hat die Form auch in diesem Fall nichts mit dem Inhalt zu tun, denn es geht hier ja um den Tag zweier Liebender, und zum zweiten wirkt der Cutaway Coat in letzterem Umfeld einfach lächerlich, weil eben die tatsächlich vorhandene Formalität des Rahmens gar nicht gegeben ist.

Mir wäre es lieber, wenn man die hässlich angezogene Mehrheit hin zu mehr Sinn für Bekleidungsästhetik und Qualitätskriterien bringen würde, als wieder zu den unsäglichen formalen Diktaten der spießigen Vor-68er-Zeit zu kommen. Damit wäre uns allen von der substanziellen Wirkung her mehr gedient.
 
Hallo bluesman
entschuldige bitte dass ich einen Extrabeitrag schreibe, aber dein Beitrag ist erst erschienen als ich schon fertiggeschrieben habe.
Was eine gewisse Kleiderordnung am Arbeitsplatz betrifft, du kannst dir meine Meinung dazu bestimmt vorstellen. Lieber eine Spur zu hoch als zu niedrig. Bestes Beispiel: Kurze Hosen und T-Shirts bei Kundenkontakt:rolleyes:
Aber dass früher alles besser war, keine Angst, für die Sorte Mensch hab ich noch ein paar Jahrzehnte zu wenig auf dem Buckel;) Allerdings bekam man damals wohl noch mehr Verhaltensregeln anerzogen, so dass ein Anzug für die Hochzeit oder fürs Begräbnis nicht nach Verkleidung ausschaut, wie bei den meisten heutigen Teilnehmern solcher Veranstaltung, sondern da war es ganz natürlich dass Hans Hintermoser und Viktor Vordergruber zum Begräbnis nicht den hellgrauen Anzug mit bunter Krawatte angezogen haben, während man heutzutage auch oft genug helle Anzüge auf Beerdigungen sieht. Wobei man vielen Menschen nichtmal einen Vorwurf machen kann weil eben, wie gesagt, solche Formregeln nicht mehr automatisch miterzogen werden, was sich dann auch in einer gewissen Furcht vor förmlicher Kleidung zeigt, man kann ja was falsch machen.
Und zum zweiten Teil deines Beitrags: Ja, es wäre wünschenswert wenn man die Menschen wegbringen könnte vom Geiz-ist-Geil-Glauben und "Mami/Frau/Freundin/Schwester-kauft-alles-und-legt-mir-alles-parat-was-ich-brauch". Aber viele Männer wollen das auch gar nicht, es wär ja mit Arbeit verbunden. Ich muss zugeben, es ist natürlich auch Arbeit. Ich bin im Lernprozess auch noch weit am Anfang, und vermutlich weiter hinter der und anderen Mitgliedern des Forums, es ist eben ein nie aufhörender Lernprozess wenn man sich selbst gut anziehen möchte. Oder, um mit einem Zitat zu enden: Das Bessere ist der Tod des Guten.
Gruß
Marco
PS: Ich muss zugeben, ab und an frag ich auch Mama, Freundin, oder Schwester um Rat zu gewissen Farbkombinationen. Bei allem männlichen Stolz den ich habe, aber was den Schönheitssinn angeht, da sind uns die Frauen meilenweit vorraus;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich beschäftige mich auch gerade mit der Frage: Was ziehe ich an zu meiner Hochzeit.
Hatte erst nen schwarzen Smoking angedacht (da ich den auch später nochmal nutzen kann). Da die Hochzeit aber im Freien im Sommer stattfindet bin ich auf white Smoking umgeschwängt. Dann hab ich aber bemerkt dass "offiziell" kein Smoking vor 15h getragen wird. Die Hochzeit beginnt um 12h. Das heisst Cut oder Stresemann. Wir werden keinen Dresscode vorschreiben. Die Gäste werden aber nicht im Smoking ankommen sondern sind eher von der Fraktion nen normalen Anzug anzuziehen um Abends dann das Jakett abzulegen.
Meine Frage: Meint ihr wenn ich im Cut auftauche und dann zusätzlich gegen Abend nen weissen Smoking wechsle dass das ein wenig zu viel ist. Sollte ich doch eher direkt im weissen Smoking ankommen?
 
Hallo matthes
Wenn du meine (konservative) Meinung hören willst: Ich finde es schön dass du dir Gedanken darüber machst, es ehrt dich. Ich persönlich würde es keinesfalls unangemessen finden wenn du so kommst, sowohl Cut als auch Smoking als auch Dinnerjackett finde ich sehr schön, wobei ich persönlich kein Dinnerjackett tragen würde, zumindest nicht im kalten Deutschland, aber das ist natürlich dir überlassen. Und um dir die Spannung zu nehmen: Du bist der Bräutigam, es ist dein Tag, und der deiner Verlobten bzw Braut bzw Bald-Frau;) Niemand wird dir übelnehmen wenn du dich an diesem Tag einmal richtig in Schale wirfst und auf die Pauke haust. Von daher, von meiner Seite: Grünes Licht für Cut und Dinnerjackett. Und viel Spaß natürlich.
Gruß
Marco
 
Vom Formalitätsgrad wäre es korrekt, vom am Tage getragenen Cut http://www.knize.at/de/content/3_4.html# in den Frack http://www.knize.at/de/content/3_6.html# zu wechseln. Das "formal day wear" Pendant zum Smoking ist der Stresemann-Anzug http://www.knize.at/de/content/3_5.html# . Weiße "dinner jackets" sehen viele (außer auf Südseekreuzfahrten) kritisch, ich auch, da sieht man schnell aus wie ein Möchtegern-Playboy. Außerdem wird sich außer der erwähnten Kreuzfahrt kaum wieder ein Anlass finden, um das gute Stück auszuführen.

Unsere Trauung war um 14:00 Uhr, ich habe daher einen Cut getragen, den Wechsel in den Frack habe ich nicht vollzogen, da mir das zu umständlich gewesen wäre und ich mir nicht zwei Garnituren anschaffen wollte, die ich nur äußerst selten tragen kann.

Der Kleidungsstil unserer Gäste war trotz Dresscode auf der Einladung breit gefächtert, vom Hemd mit Krawatte (immerhin, war ein Lehrer ;-) ) bis zum Smoking. Einen Cut trug außer mir niemand.

Ich hoffe, ich konnte Dir etwas weiterhelfen, ich finde nach wie vor den Stresemann-Anzug sehr schön, mir war es nur nicht gelungen, ein Stresemann-Jackett "von der Stange" zu finden.

http://www.blacktieguide.com/ kennst Du bereits? Sehr hilfreich ist auch diese Diskussion http://www.thelondonlounge.net/gl/forum/viewtopic.php?t=6562

Grüße und nicht zu viel Stress mit den Vorbereitungen!

Phil
 
Cool Danke Marco für Deine ehrliche Meinung.

Ans weisse Dinnerjacket hab ich gedacht, da die ganze Hochzeit draußen in Spanien stattfindet (also Sonne warm, Wiese und Wasser).

Nach längerem Nachdenken tendiere ich eher zum Stresemann. Das Budget ist doch nicht unendlich bzw will ich nicht nen Cut kaufen denn nach der Hochzeit werden so schnell keine Gelegenheiten kommen diesen zu tragen. Zum Stresemann hab ich aber noch Unklarheiten. Die grau gestreifte Hose ist klar, eine hell graue Weste, weißes Hemd und Kravatte (auch grau oder kann diese auch farbiger sein?) auch, aber das Jackett bereitet mir noch ein wenig Fragen. Kann ich einfach ein schwarzs Anzugsjackett nehmen oder sogar ein schwarzes Smokingjackett? Ist ein Hut Plicht?

Zum weissen Dinnerjackett welche Fliege oder sogar Kravatte schlägst Du vor? Ich will auch nicht wie nen Kellner aussehen :eek:

Sorry wenn ich Dich so "missbrauche" als Berater, aber Du scheinst einen guten Geschmack zu haben und Dich auch in Details auszukennen.
Matthias
 
Phil Deine Antwort habe ich irgendwie übersehen und bin deshalb noch nicht drauf eingegangen. Die Links sind sehr hilfreich. Danke.

Wie ich in meiner Antwort angedeutet habe ist mein Budget auch nicht unendlich. Von daher denke ich eben über den Stresemann nach mit eventuell nem schwarzen Jackett (wenn es geht sogar das vom Smoking) und bräuchte Abends nur die Hose tauschen, Weste weg und Fliege dran und schon bin ich im Smoking. Dann fällt das weisse Diner Jackett flach. Weiss auch noch nicht was ich davon halten soll, vom weissen Jackett.Befürchte man sieht darin sehr schnell aus wie nen Kellner gerade mit schwarzer Fliege wie Alexander vorschlägt.
Matthias
 
Allerdings bekam man damals wohl noch mehr Verhaltensregeln anerzogen
Die dann mit einem Minimum an ästhetischem Empfinden umgesetzt wurden. Alle sahen nach heutigen Begriffen eines halbwegs qualifizierten Dressers wie Clowns aus, von ein paar Upper-Class-Leuten mit guten Schneidern abgesehen.

Das Problem an als sinnfrei empfundenen Verhaltensregeln ist, dass in einer freien Welt ein erfolgreicher Widerstand dagegen nicht zu vermeiden ist. Man sollte da mehr durch Substanz überzeugen als mit lächerlichem Zwangsversuchen zu arbeiten.

Hier mal die Meinung eines überzeugten Nicht-Dressers.
http://www.timesonline.co.uk/tol/comment/columnists/jeremy_clarkson/article6543118.ece

Er hat von seinem Standpunkt aus gesehen nicht Unrecht. Wenn wir das ändern wollen, müssen wir selber ein gutes Beispiel geben, jemand sein, dessen Außenwirkung andere als angenehm empfinden und freiwillig nachahmen möchten. Das erreicht man aber nicht, indem man sich so overdressed, dass es im konkreten Kontext zum lächerlichen Kostüm verkommt. Das hat exakt den gegenteiligen Effekt. Dann lieber keinen Cut und stattdessen einen erstklassigen dezenten Anzug, es sei denn die ganze Meute kommt im Cut und der äußere Rahmen ist auch dementsprechend ausgelegt.
 
Also um klar zu stellen: Smoking ist IMMER mit schwarze Fliege (Schleife wäre schöner ;) ) Es ist aber nun egal, ob du ein weißes oder ein schwarzes Smoking- Oberteil trägst.
Ich bilde mir mal ein, irgendwo gelesen zu haben, dass die Kellner immer die falsche Fliege tragen: Also Frack mit schwarz und Smoking mit weiß, als Unterscheidungsmerkmal zu den Gästen. Aber obs richtig ist, weiß ich nicht!

Meines Empfindens nach trägst du kein schwarzes Smoking- Jackett zum Stresemann. Weil dann hättest du ja erst recht wieder die Abendkleidungs-typischen Merkmale (stoffüberzogene Knöpfe und das Seidenrevers).

Wenn du auf Wikipedia dir das Bild anschaust, wo Gustav Stresemann einen Stresemann trägt, siehst du auch die typische Stresemann- Ausstattung. Also wie gesagt schwarzes Jackett. Und weil ja der Stresemann aus dem Cut entstand, sind die Accessoires die gleichen, also z.B.: silberner Plastron und hellgraue Weste. Da sind aber heutzutage schon auch kleine Änderungen kein Problem mehr, aber historisch hat Herr Stresemann den Stresemann als Cut- Ersatz getragen, daher alles gleich.


Ich hoffe ihr habt jetzt mehr verstanden als nur Stresemann und ich hoffe du, Matthes, kennst dich jetzt aus. :p Ich glaube, dass ich keine Fehler in meiner Erläuterung drinnen habe, falls doch, bitte korrigiert mich!


Achja, wegen Bekleidungsvorschriften: MB15, du hast vorhin geschrieben wie schlimm es doch sei, mit kurzer Hose und T-Shirt einen Kundenkontakt zu haben. Ich arbeite sommers in einem Tauchgeschäft mit genau dieser Kombi und bediene Kunden. Wenn ich dort etwas anderes tragen würde, würde ich entweder an einem Hitzetod sterben und vor allem würden mich die meisten Leute für einen Vertreter halten! Also manchmal gehts halt nicht anders, als informell gekleidet zu sein.

Liebe Grüße
Philipp
 
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