bluesman528
Ruhrpotthanseat
Auch wenn ich Dir im großen und ganzen zustimme (wie wohl die meisten, die sich in einem Forum für klassische Herrenbekleidung herumtreiben), möchte ich dennoch festhalten, dass früher nichts besser war. Die Leute, die heute in einer Art zwanghaft infantilem Nachlauf der dankenswerten 68er Rebellion die klassische Herrenbekleidung boykottieren, haben früher die unförmigen Polyester-Anzüge getragen, z.B. auch in der Topfarbe flieder. Und das haben sie nicht, weil sie sich "nach oben" orientiert haben, sondern weil - vor allem im Arbeitsumfeld - ein Dresscode anhand von einfachen oberflächlichen Kriterien durchgesetzt wurde. Dadurch sahen die Leute nicht besser aus, sie trugen nur eine andere Uniform ohne den geringsten Anflug eines Qualitätsempfindens.Aber solange sich jeder nach unten orientiert, wie es leider seit langem Usus ist, dann darf sich niemand beschweren dass es Menschen gibt die unappetitlich wie sonstwas herumlaufen.
Ich halte das für eine Frage des Rahmens. Eine Hochzeit im Schlossgarten mit Höhenfeuerwerk muss man anders betrachten als eine in der bestuhlten Dorfturnhalle mit Gyros-Catering. Erst mal hat die Form auch in diesem Fall nichts mit dem Inhalt zu tun, denn es geht hier ja um den Tag zweier Liebender, und zum zweiten wirkt der Cutaway Coat in letzterem Umfeld einfach lächerlich, weil eben die tatsächlich vorhandene Formalität des Rahmens gar nicht gegeben ist.Formen sind nicht demokratisch, die Mehrheit hat eben nicht immer Recht, heutzutage wohl eher im seltensten Fall.
Mir wäre es lieber, wenn man die hässlich angezogene Mehrheit hin zu mehr Sinn für Bekleidungsästhetik und Qualitätskriterien bringen würde, als wieder zu den unsäglichen formalen Diktaten der spießigen Vor-68er-Zeit zu kommen. Damit wäre uns allen von der substanziellen Wirkung her mehr gedient.