The Shoe Snob-Debatte "about handmade shoes" in Facebook

Ist es Tatsache so, dass man einen Schuh um 700.- bis 1400.- Euro in reiner Handarbeit bekommt?
Ich glaube es nicht, auch Handgemachte Serienschuhe nicht.
 
Hängt davon ab wie streng man Handarbeit auslegt. In der genannten Preisrange dürfte je nach Betriebsgröße sicherlich Unterschiede geben aber im Wesentlichen würde ich sagen das man für den Preis im Bezug auf Handarbeit etwa das folgende bekommt (sehr grob):

- Oberleder per Hand ausgeschnitten
- die Nähte am Schaft und Futter sicherlich zum größten Teil mittels Nähmaschine
- Sohle per Hand auf die Passform der Leist und Schuhgröße angepasst. Die Sohle selber wird als Standartausschnitt von der Gerberrei bezogen.
- die Nähte zwischen Schaft und Sohle per Hand

Das Finish ist auch per Hand aber das ist bei Herstellern die hauptsächlich Maschienen einsetzen auch nicht wirklich anders, ggf. ist es aber bei handgemachten Schuhen deutlich ausgeprägter.
 
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Soweit ist das so - von Schuhmacherei zu Schuhmacherei kann es dabei Abweichungen geben.

Der Schaft inkl. Futter wird mit der Maschine genäht, von Hand eingeleistet und gezwickt.
Dann kommen die Handnähte:

P1090888_edited-1.jpg

P1090953_edited-4.markjpg.jpg

Dieser Schuh in der Machart Norvegese hat zum Beispiel 3 Handnähte, die beiden oberen müssen mit sehr großer Akribie ausgeführt werden, die dritte liegt direkt vor dem abgeschnittenen Schaft und verbindet die Zwischensohle mit der Laufsohle, ist aber leider auf dem Foto so gut wie nicht zu erkennen.

Schuhe mit Rahmen starten bei ca. 500.- € plus 22 % IVA, Norvegese ab ca. 650 € + IVA beim Schuhmacher in Italien.
Die Preise hängen selbstverständlich auch vom Können des Schuhmachers ab, ob man das erste Paar bei ihm bestellt oder
ob es das x-te Paar ist.
Sonderwünsche wie bei dem oben gezeigten Schuh bekommt auch nicht jeder ausgeführt, der zum ersten Mal den Laden betritt,
denn sie bedeuten, dass der Schaft, das Schnittmuster und alle Einzelteile neu entworfen und von Hand zugeschnitten werden müssen.

Das ist übrigens das Schuhfoto von dem ausgehend ich mit Damiano und Gianmarco die Details und Ausführung des zuvor gezeigten Schuh besprochen hatte - Gianmarco notierte, Damiano nickte ab und fügte später den Plastron (Schnürschild) eigenmächtig hinzu:

Longwing 1.jpg

Im Geschäft in Deutschland oder den Niederlanden starten solche Schuhe mit ca. 1.000.- €, Schwerpunkt 1.200 € bis 1.500 €.

Es kommt auch darauf an ob diese Schuhe von einem Schuhmachermeister allein oder arbeitsteilig von mehreren Schuhmachern bzw. angelernten Kräften gemacht werden.
Der sogenannte Ausputz spielt da mit hinein ebenso ob die Schuhe einen echten oder einen nachgemachten "bevelled waist" haben usw..
 
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Man kann sich auch beim Schuhmacher seinen eigenen/persönlichen Leisten in Auftrag geben; das sollte so ca. 200 € kosten.
ABER, damit erhält man später noch lange keinen Maßschuh, sondern als erstes ein Paar Serienschuhe auf eigenem Leisten.
Wenn man diese dann eine Zeit lang getragen hat, dann kann man das zweite Paar in Auftrag geben und darum bitten den Leisten nach eigenen Wünschen zu modifizieren (abändern lassen).
So kann man sich dann auf eigene Faust an ein Paar sehr gut sitzende Schuhe heran tasten.
Darin liegt ein kleiner Unterschied zum Maßschuhmacher, der selbst eventuelle Verbesserungsmöglichkeiten der Schuhe erkennt und entsprechend umsetzt.

Solche handgemachten Serienschuhe bieten den Vorteil, dass sich die Füße langsam an deren Eigenschaften wie die so oft zitierte Fußgewölbeunterstützung, die stark abweichenden Eigenschaften der Schuhe beim Gehen, beim Abrollen usw..
Dabei werde die Füße sich etwas verändern:
In der Regel werden sie um ein paar Millimeter kürzer und etwas schmäler - die Fußgewölbeunterstützung.

Wenn sich dann die Füße nach 2, 3 Jahren an solche Schuhe gewöhnt und ihre Form verändert haben und man das Bedürfnis verspürt die perfekten Schuhe zu erwerben, dann erst sollte man sich Maßschuhe machen lassen.

In Montegranaro und Umgebung :D kenne ich allerdings keinen echten Maßschuhmacher, allerdings habe ich schon halbfertige Schuhe in der Hand gehabt, die waren spitzenmäßig eingestochen.
Man verriet mir aber leider nicht wer diese halbfertigen Schuhe (die Laufsohle fehlte noch) gemacht hat.

Echte Maßschuhe sind also wieder ein Klasse höher und etwas anders ausgeführt sowie mit mehr Ausputz und dergleichen.
Es gibt ein Venedig eine Maßschuhmacherin, die auch die Schafteinzelteile von Hand zu einem Schuhschaft doppelt,
was sie in Paris bei Hermès gelernt hat.

P.S.
Ein Punkt ist mir während des Tippens entfallen....
 
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Man kann sich auch beim Schuhmacher seinen eigenen/persönlichen Leisten in Auftrag geben; das sollte so ca. 200 € kosten.
ABER, damit erhält man später noch lange keinen Maßschuh, sondern als erstes ein Paar Serienschuhe auf eigenem Leisten.

Urban, gibt es in Deutschland, der Schweiz oder Frankreich Schuhmacher, die so etwas anbieten? Nach Italien komme ich nächster Zeit wohl eher nicht.
 
Leider ist mir kein Schuhmacher in Deutschland bekannt.

Mein Ausdruck "eigener Leisten" ist so zu verstehen, dass der Schuhmacher die Fußmaße nimmt, zwei Fußabdrücke anfertigt und
diese Daten zusammen mit seinen zusätzliche Bemerkungen an den Leistenmacher weiter gibt.
Heraus kommt dabei ein "Rohleisten".
Der Schuhmacher macht darauf dann den fertigen Schuh - ein Maßschuhmacher würde in der Regel an diesem Rohleisten noch feinere Korrekturen vornehmen bevor er darauf zwei transparente Probeschuhe ziehen würde.
Erst nach weiterer Feinarbeit an den Leisten nach deren Anprobe durch den Kunden würde er dann ein Paar tragfähige Probeschuhe machen.

Die Alternative "Trunkshow in Deutschland" dämmert so vor sich hin, da sich nicht genug Interessenten fanden und
eine Karawane quer durch Deutschland zu organisieren mir zu viel Aufwand ist.
 
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Es kann auch bei maschinengenähten Schuhen die Handarbeit bei einzelnen
Arbeitsschritten geben, allerdings nur bei Schuhen, die tatsächlich aus einer (kleineren) Manufaktur kommen statt aus einer Schuhfabrik.
  • Ausschneiden der Schaftteile von Hand
  • Ausschärfen der Überlappungsflächen
  • Einleisten per Hand
  • Zwicken und ggf. Nachzwicken per Hand wenn der Schuhmacher den eingeleisteten Schaft eine oder zwei Wochen ruhen lässt
  • Ausputz
  • Patina

Wenn allerdings Schuhfabriken und -Marken, von denen bekannt ist, dass sie in Großserie produzieren in ihren Promotionvideos das Zuschneiden der Schaftteile und das manuelle Einleisten zeigen, was dort in der Musterabteilung Usus ist, dann ist das zweifelsfrei eine Irreführung der Kunden, denn denen wird mit solchen reißerischen Videos eine Handarbeit suggeriert, die es bei der Produktion der Serienschuhe schlicht und einfach schon allein aufgrund der produzierten Stückzahlen gar nicht geben kann.

Die Bezeichnung "handgemachte Schuhe" bezieht sich ausschließlich auf das (händische) Doppeln von Brand-, ggf. dem Rahmen in Abhängigkeit von der Machart, der Zwischensohle (sofern vorhanden) und der Laufsohle.
Diese Doppelnähte bestimmen maßgeblich neben den Lederqualitäten von Schaft und Sohlen die Flexibilität von Schuhen und damit deren Qualität - immer vorausgesetzt, dass die Schuh- bzw. Leistenkonstruktion fehlerfrei ist.

Die per Hand ausgeführten Arbeitsschritte bei maschinengenähten Schuhen verbessern gar so manche Details, steigern damit auch die Qualität der Schuhe, aber ihr Einfluß auf die Eigenschaften der fertigen Schuhe sind nachrangig und vermögen es auf keinen Fall einen solchen Schuh beim Tragekomfort auf das Niveau eines handgedoppelten Schuhs zu bringen.

In der Praxis gibt es natürlich schlechte handgemachten Schuhe und schöne maschinengenähte - irgendwie logisch, oder?

Wenn aber so gut wie jeder Goodyear Welted Schuh mit Gemband, also primestitched [geklebt-genäht] aus einer Schuhfabrik vollmundig mit handgemacht in einer Manufaktur beworben wird obwohl er zum (im Vergleich) Niedrigstpreis verkauft wird, dann regt sich der Shoe Snob wohl zu recht auf.
Erst recht dann wenn man sich die billigen handgemachten rahmengenähten Schuhe aus der Manufaktur, vielleicht sogar einer chinesischen oder afrikanischen, etwas näher anschaut, deren Leder, ggf. sogar "echtem Cordovan", was es zweifelsfrei nicht gibt bzw. nur in Deutschland als fairytale, eine Qualität aufweist, dass eine Gewebe auf seine Rückseite geklebt wird, damit es halbwegs auf dem Schuh einen Stand hat.
Dann ist das Maß voll und es läuft über.

Aber es ist natürlich jedem vollkommen unbenommen Werbesprüche als Fakten zu interpretieren und sein Einkaufsverhalten danach aus zu richten.

DANN, aber auch nur dann, gibt es auch für klitzekleines Geld qualitativ hochwertige handgearbeitete rahmengenähte Schuhe aus bestem Leder, die das Nonplusultra in der Welt der Herrenschuhe sind.

ABER der Geiz hat das Hirn aufgegessen und so wähnen sich die schwer Erkankten bereits beim bloßen Anblick einer Naht plus einem Niedrigstpreis im siebten Schuhhimmel.... :D
 
Leider ist mir kein Schuhmacher in Deutschland bekannt.

Mein Ausdruck "eigener Leisten" ist so zu verstehen, dass der Schuhmacher die Fußmaße nimmt, zwei Fußabdrücke anfertigt und
diese Daten zusammen mit seinen zusätzliche Bemerkungen an den Leistenmacher weiter gibt.
Heraus kommt dabei ein "Rohleisten".
Der Schuhmacher macht darauf dann den fertigen Schuh

Den Service den z.B. Maftei anbietet dürfte dem in etwa entsprechen und der ist in DE verfügbar.

Kahlke in Frankfurt passt seine Leisten auf Wunsch auch an die Maße des Kunden an (für etwa EUR 250 extra). Ist zwar nicht ganz was Urban vorschwebt geht aber in die Richtung.
 
Ich weiß nicht so recht, aber die Schuhe von Maftei gehen mir nicht ab - da gibt es wirklich besser gemachte sowohl was das Design angeht als auch die Ausführung.
Kurzum: Mit denen werde ich wohl nicht mehr warm werden.
 
Ich weiß nicht so recht, aber die Schuhe von Maftei gehen mir nicht ab - da gibt es wirklich besser gemachte sowohl was das Design angeht als auch die Ausführung.
Kurzum: Mit denen werde ich wohl nicht mehr warm werden.

Ging ja nur um die Frage der angepassten Leisten. Design ist Geschmacksache, aber auch für mein dafürhalten passt der PLV nicht.
 
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