Das mag vielleicht noch gerade fuer Kiton oder Brioni so durchgehen, aber die meisten anderen sogenannten "pseudoglamouroesen Massschneider", besonders in England (und ich vermute, dass das in Italien fuer viele Betriebe auch nicht anders ist), sind trotz grosser Namen und langer Geschichte heute immer noch relativ kleine Betriebe mit maximal 2 oder 3 Cuttern
Das ist für eine Schneiderei, je nach Maßstab, eigentlich schon eine ordentliche Größe. "Klein" ist für mich ein betrieb, der Zuschnitt und Fertigung erstens selbst und zweitens aus einer Hand bewerkstelligt.
, die eben nicht ein Standardprodukt abliefern
Darüber könnte man sicherlich lange streiten.
, das man in Mailand, New York oder Tokio in gleicher Qualitaet kaufen kann.
Jeder der großen Namen der Row, von Gieves&Hawkes über Henry Poole & Co. bis H. Huntsman, hat zumindest eine Dependence in Asien. Wohin es schlimmstenfalls führt, wenn man sich auf einem tragenden Namen ausruht und denkt, man könne nur davon leben, sieht man an Kilgour.
Die Gesamtheit aller Savile-Row-Schneider produziert weniger als 10000 Kleidungsstuecke pro Jahr, von denen etwa 70 % in die USA geliefert werden. Viele dieser "pseudoglamouroesen Schneider" fertigen jaehrlich nur etwa 200 bis 300 Anzuege.
Das ist eigentlich für ein Nischenprodukt doch eine ganz stattliche Zahl, oder etwa nicht? Sie setzen hier für den von mir für bestimmte Häuser etablierten (noch dazu seiner ursprünglichen Stellung enthobenen) Begriff (pseudo)glamouröser Schneider wahllos für jeden Row-Schneider ein. Damit wir uns richtig verstehen: Verlgiechsweise kleine Fische (nur was den Kundenstamm anbelangt) wie Kent Haste Lachter meine ich damit ganz bestimmt nicht. Mir geht es um Häuser, die im Grunde nur von gigantischen Übersee-Touren mit teils 30 und mehr Anproben pro Tag (!) leben.
Wenn das Image immer in Relation zum gelieferten Produkt gesehen wuerde, dann wuerde Louis Vuitton nicht fuer Unsummen Kanvastaschen verkaufen und Hermes-Krawatten haetten wohl auch nur noch einen Nischenmarkt abzudecken.
Meine Rede. Riesenmarkups für einen Namen bin ich nur dann zu zahlen bereit, wenn das Produkt dementsprechend ist. Das kann es bei Englischen wie auch bei Deutschen Schneidern sein oder auch nicht.
Eine Krise der Luxuskonzerne ist nun wirklich nicht in Sicht, und in der Tat haben die grossen Haeuser alle sicher durch die letzten Jahre gesteuert, viele mit beachtlichen Gewinnen und Aktienzuwaechsen (siehe Anhang). Ganz im Gegenteil drohen in solchen Situationen meiner Auffassung nach die grossen Haeuser die kleinen Handwerker vor Ort eher abzuhaengen. Auf die Row bezogen beispielsweise haben Huntsman oder Anderson & Sheppard als sehr grosse Schneiderhaeuser in den letzten beiden Jahren ihre Geschaefte massiv erweitern koennen, waehrend viele der kleinen Betriebe (beispielsweise Welsh & Jefferies oder Maurice Sedwell) zu kaempfen haben oder gar Konkurs anmelden mussten. Aehnliches gilt uebrigens fuer John Lobb London, der seinen etablierten Kunden seit zwei Jahren Rabatte bei der Bestellung eines zweiten Paars Schuhe einraeumt (frueher undenkbar !), waehrend die von der Hermes-Gruppe aufgekaufte franzoesische Tochter auch im Massgeschaeft offenbar glaenzend laeuft.
Naja, naja. Im Luxusgütermarkt ist momentan viel Geld zu machen, die Frage ist eben, wie lange noch "jeden Tag ein Dummer aufsteht", wie man so schön sagt. Bei der Prada-Gruppe wäre das vor einigen Jahren beinahe schief gegangen.
Dass allerdings der von Herrn Roetzel beschworene Trend zu solchen Schneidern ginge, scheinen Sie ja schon selbst zu widerlegen, indem Sie darauf aufmerksam machen, dass diesen Betrieben geholfen werden muesse, "den Anschluss nicht zu verlieren". Und solchen Betrieben wuerde ich persoenlich nicht zutrauen, eine Trendwende weg von den "pseudoglamouroesen" Haeusern einzuleiten.
"Scheinen", ja. Jeder Handwerker braucht eben Kunden, die mit ihm so zufrieden sind, daß sie ihn empfehlen. Der von Ihnen vorgenommene Schluß berühmter Kunde => guter Schneider, bzw. besser aussehender Kunde => besserer Schneider scheint mir jedoch etwas voreilig.
Natürlich werden sich nicht von heute auf morgen alle eleganten Männer schlagartig Deutschen Schneidern zuwenden. Im Zuge eines generell steigenden (neuen) Interesses für Handwerk und individuelle Produkte werden aber zweifellos auch diese Schneider profitieren.